Bajonettfechten
Blog,  Hintergrund

Bajonettfechten in der Kaiserlichen Armee 1900-1918 – Auch die Kavallerie?

In diesem Beitrag widmen wir uns dem Bajonettfechten, der dazugehörigen Dienstvorschrift von 1901, die im Downloadbereich heruntergeladen werden kann. Dazu schauen wir uns erst einmal an, warum und wie die Kavallerie eigentlich mit dem Bajonett trainiert hat und was die Quellen dazu sagen. Dann werfen wir einen genaueren Blick in die Dienstvorschrift. Alles, was man über Dienstvorschriften wissen muss, habe ich bereits in dem Beitrag zum Turnen in der kaiserlichen Armee erklärt, was hier nachzulesen ist. Die Übungen in Bewegung sind in dem folgenden Video zu sehen.

 

 

Die Kavallerie und die Bajonette

Hat die Kavallerie tatsächlich das Bajonettfechten trainiert? Nun, ja und nein, beides ist richtig. Es hing stark vom Zeitpunkt ab, vom Regiment und davon, welche Waffen das Regiment zu welcher Zeit hatte. Ich habe es schon in verschiedenen Videos erwähnt, aber nochmal: Es ist sehr schwer zu sagen, wann welches der Regimenter den Kavalleriedegen und wann das Bajonett benutzt hat. Grundsätzlich gilt, je mehr Einsätze in den Schützengräben, desto mehr wurde das Bajonett verwendet.

Gefällt der Text und das Projekt?

 

In den Briefen an seine Eltern erwähnte Knigge das Bajonettfechten. Am 16. Juli 1916 wurde er im Reiten, im Dienst zu Fuß, im Lanzenfechten und im Bajonettfechten geprüft. In einem weiteren Brief vom 26. Oktober 1916 schrieb er: „Man wird geradezu zur Rohheit erzogen durch das Bajonettieren, wo es darauf ankommt dem Gegner so eins auf den Kopf, Brust, Bauch zu schlagen oder stechen, daß er kampfunfähig wird. Doch das ist alles gute Vorbereitung zum Kriege.”

Später, am 31. Oktober, beschrieb er ein größeres Training mit den Bajonetten: “Heute war großes Bajonettieren vorm Major. Ich habe meinen Gegner so kampfunfähig gemacht, daß er gleich ins Revier fort musste. Das lässt sich leider nicht vermeiden.” In einem anderen Brief schreibt Knigge, dass er einige Trainingskämpfe mit den Bajonetten gegen Infanteristen hatte, die natürlich in diesem Stil viel besser ausgebildet waren als er.

Offensichtlich wurde also auch die Kavallerie während ihrer Rekrutenzeit im Bajonettieren ausgebildet, zusammen mit der Ausbildung an der Lanze, dem Schießen und dem Säbel. Demnach war die Ausbildung sehr vielseitig, wobei die Frage im Raum steht, wie intensiv die Ausbildung an sich war.

 

Die Dienstvorschrift zum Bajonettieren

Zu den Handbüchern im Allgemeinen schaut in den Artikel zur Gymnastik in der preußischen Armee

Die Dienstvorschrift zum Bajonettfechten ist relativ dünn, es beginnt mit der Rechtfertigung des Bajonettierens, warum es trainiert werden sollte und was das Ziel ist. Es sollte den Mut der Soldaten verbessern und ihnen die Erfahrung für den Kampf geben.

Danach wird die Einteilung der Übungen erklärt, die in Schulfechten und Freifechten erfolgte. Das Schulfechten ist nur eine einfache Übung, um Routine in den Bewegungen zu bekommen, während das freie Fechten gegen einen Gegner stattfindet.

Die Paraden waren extrem wichtig und sollten auf die effizienteste Weise gelehrt werden, jede zu ausgefallene oder zu komplizierte Bewegung war verboten. Wie bei der Gymnastik war auch hier ein guter Lehrer, der Offizier oder Unteroffizier war, wichtig. Diese waren dazu angehalten spezielle Kurse zu besuchen, um zu lernen, wie man richtig unterrichtet, und sie sollten die Kunst des Bajonettierens beherrschen, um den Rekruten bei der Umsetzung zu helfen. Offiziere und Unteroffiziere waren verpflichtet, diese Kurse jedes Jahr zu besuchen. 

Gefällt der Text und das Projekt?

 

Quellen Gesucht? Hier geht es zu den

In der Folge wird beschrieben, dass sie für das Fechten und vor allem das freie Fechten eine spezielle Ausrüstung zu tragen hatten, wie Übungsbajonette, eine Maske, einen Schutzanzug und Lederhandschuhe. Auch hier wurden die Rekruten, wie beim Turnen, in zwei Klassen eingeteilt: die erste Klasse waren die erfahrenen und freien Fechter, die zweite Klasse bestand aus den Rekruten, die das Schulfechten noch nicht beherrschten. Im letzten Teil der Dienstvorschrift, bevor das nächste Kapitel über das Schulfechten beginnt, werden die Begriffe des Fechtens näher definiert.

 

Übungen mit und ohne Bajonett

Bei den Übungen ohne Waffe ging es vor allem darum, dass vor dem Einsatz der Waffe die Bewegungen im Muskelgedächtnis der Rekruten automatisiert werden mussten, bevor dann im zweiten Schritt das Gewehr und Bajonett hinzukamen, um die Bewegungen weiter im Muskelgedächtnis zu verankern.

Es folgt eine Auswahl an Übungen:

 

Ausfall ohne Gewehr:

Die Kommandos dazu lauten: Vorlegen! – Zurück!

Dies wird so geübt, dass ohne Gewehr ausgestossen wird. Dazu ist die die rechte Hand zur Faust geballt und wird in Brusthöhe gehalten, mit den Knöcheln nach oben. Das hintere Bein wird energisch gestreckt, gleichzeitig das vordere Knie gebeugt sowie der rechte Arm ruckartig nach Vorne gestoßen. Dabei sollte der hintere Rücken und das gestreckte Bein in einer Ebene liegen. Die Schulterlinie steht dabei senkrecht zur Gefechtslinie mit dem rechten Arm nach Vorne gestreckt.
Auf das Kommando zurück wird der Körper durch energisches zurückdrücken mit dem vorderen Bein und gleichzeitigem Beugen des hinteren Knies in die Fechterstellung zurückgebracht, wobei das zurückreissen des Arms die Bewegung erleichtert.



Tritt vorwärts/rückwärts:

Kommando: Tritt vorwärts (rückwärts)  – Marsch!

Bei dieser Übung wird der linke Fuß ohne merkliche Erhebung etwa in Fußlänge vorgesetzt, während der Rechte Fuß nachgesetzt wird. Bei der Rückwärtsbewegung beginnt der rechte Fuß. Diese Bewegung ist besonders wichtig, um die Mensur bzw. den Fechterabstand zu erweitern oder zu verkürzen. Wenn das Gewehr bei dieser Übung getragen wird, hat das Gewehr gefechtsbereit zu sein. Zusätzlich darf die Lage des Gewehrs dabei nicht verändert werden.

 

Kolbenrollen:

Kommando: Kolbenrollen!

Um den rechten Oberarm beweglich zu machen, sollte das Kolbenrollen fortgesetzt betrieben werden. Dabei bleibt die Linke Hand möglichst fest stehen, während die rechte Hand den Kolbenhals fest umschließt und große Kreise nach Rechts oder links beschreibt.



 

 

Wenn die Bewegungen vom Körper verinnerlicht waren, durften die Rekruten zum freien Fechten übergehen, bei dem sie einfach gegen jemand anderen antraten. Um das zu tun, trugen sie ihre Schutzausrüstung.

 

Fazit

Ersichtlich werden zum Bajonettfechten folgende Gegebenheiten aus den Quellen:

Zunächst, dass die Bajonettierübungen wichtig waren, um den Soldaten Disziplin und Gehorsam gegenüber ihren Offizieren beizubringen. Ein weiterer Punkt war, das Muskelgedächtnis zu trainieren und die Rekruten an diese Art von Bewegung zu gewöhnen. Wie wir gesehen haben, wurde das Training allmählich intensiver. Zuerst die Ausbildung ohne Gewehr, dann mit Gewehr und Bajonett, bevor man schließlich zum Freikampf überging, um Kampferfahrung zu sammeln und Strategien für den bevorstehenden Einsatz an der Front zu entwickeln, damit der Soldat möglichst viele seiner Feinde besiegen konnte.

Gefällt der Text und das Projekt?

 

Quellen Gesucht? Hier geht es zu den

Insgesamt war es sehr wichtig, Kenntnisse über den Nahkampf zu erlangen, da es eine Notwendigkeit war, den Rekruten Gehorsam beizubringen, da sonst das System der Armee nicht funktioniert hätte.

 

Quellen

Heinrich Graf von Reichenbach (Ed.): Als Husar im I. Weltkrieg. Briefe, Tagebuchauszüge und Fotographien des Freihern Albrecht von Knigge, Berlin 2014.

D.V.E. Bajonettirvorschrift für die Infantrie, Berlin 1901.

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert